E-mails aus Brasilien

Lebenszeichen numéro um

Bom dia meine Lieben,
sagt Hallo zum ersten Lebenszeichen aus Brasilien. :-)
bunt_6
Nach 29 Stunden auf den Beinen hat mich die Dörte am
Curitiba Busbahnhof um 4:40Uhr Ortszeit in die Arme
geschlossen. Natürlich von Freudenschreien beiderseits
begleitet. Auf das
Ich-begrüße-Dörte-am-anderen-Ende-der-Welt-Ritual steh
ich voll.

Die Reise war zwar lang, aber es hat alles gut
geklappt. Auf dem Flug von Le nach Mü waren nur Männer
im Businessstyle an Bord, die während des Flugs
gelangweilt im Wirtschaftsteil von Zeitungen
blätterten, während ich völlig verzückt noch einmal
über Leipzig kurvend nach Schleußig Ausschau hielt.
Damit Anna auch nicht umsonst winkt.

Den Anschlussflug bekam ich wegen Verspätung
geradenochso. Da mein Gate und mein Sitz beide auf den
klingenden Namen H 38 hörten, war ich zunächst etwas
verwirrt. Vor allem, da jmd. auf meinem Platz saß.
Aber irgendwie saßen bei mir in der Ecke alle falsch,
so dass das große Umsetzen bald einsetzte, was unseren
Stewart entsetzte. Dieser Mann erfüllte sämtliche
Klischees, die euch über männliche Stewarts einfallen.
Ich wünschte, ich hätte so akurate Augenbrauen.
Letztendlich saß ich neben Marek, ein Pole ca. Anfang
60. Ich weiß nicht, was das ist, mit den Polen, aber
das ist einfach mal ein toller Schlag Mensch. Marek
ist ein Berufsweltenbummler und wir haben viel erzählt
und gelacht. Hab noch nie soviel Alkohol auf nem Flug
getrunken, aber Nastrovje ist Nastrovje...Und
natürlich lässt sich der im Flugzeug übliche
Tomatensaft auch mit Vodka bestellen..Marek, das alte
Schlitzohr, bekam extra bestelltes Essen, das auch
noch früher kam. Das kann man beim Buchen bestellen,
kostet nix extra und wirkt, als wäre man enorm
wichtig. Das probier ich nächstes Mal auch aus.

So, in Sao Paulo kam ich an, als die Sonne über den
schwarzen Wolken unterging und die Stadt wie
pulsierende Lava unter uns lag. Klingt kitschig, war
aber so.
017_17A1
Schreibe euch gerade aus Dörtes riesigem Wohnzimmer,
wo sie in der Hängematte schlief um mir ihr Bett zu
überlassen. Bin um 10 aufgewacht: Soviel zum
Jetlag...Jetzt wollen wir mit ihrer WG zum Mittagessen
gehen. Der Himmel ist grau, es ist kalt (15 Grad
vermutlich) und fast alle sprechen nur Portugiesisch.
Auch Dörte, was bei ihr sehr sexy und exotisch wirkt!

Also ihr Lieben, das neue Reisetagebuch ist eröffnet.
Ich drücke euch auf brasilianisch,
eure Juliane

P.S.
@Eltern: Mein Handy funktioniert hier. Aber ruft nicht
an. Die Kosten sind astronomsich..

@Irena: Kannste die Mail bitte an Sebastian
weiterleiten? Und mir mal seine Email-Adresse geben?

@alle: Ätsch, ich bin verreist...Vermisst mich ja
ordentlich, hört ihr!

Foto-Nachtrag

Cashewohren
Tada, das sind die zwei unspektakulären Fotos, die ich
meinte. Bin heute übrigens um 6 Uhr früh
aufgewacht...Das bin nicht ich. Hab mir Ingwer gegen
meine Erkältung zum Tee aufgekocht und drei Stunden in
der Küche darauf gewartet, dass die kleine Dörte aus
ihrem Schönheitssschlaf erwacht. Der erste
frühmorgendliche Blick aus dem Fenster: Vogelgesang in
orangem Licht.
Fensterjuliane
Im übrigen klappt das Portugisisch lernen relativ gut.
Na ja, zumindest wenn man bedenkt, dass es erst der
zweite Tag ist.(Aber Rina, für deine mail brauch ich
noch etwas...:-))Kann schon einiges bestellen, nach
Preis fragen und diese Begrüßungs- und
Verabschiedungsfloskeln. Das liegt wohl an dem einstigen Zwang Französisch, Italienisch und
doppelkotz: Latein lernen zu müssen. Immerhin, nun
wars doch für was gut und alle, die das mal behauptet
hatten, hatten tatsächlich recht.
Übrigens gibts wohl ne Partnerschaft zwischen den Unis
von Köln und Curitiba, weshalb hier wahnsinnig viele
Kölner Designstudis rumstromern.

beijos (kisses),
Juliane

Brasilianisches Hüftgold

Also, ich erkläre euch jetzt erstmal die Spielregeln,
weil man das immer zuerst macht: Habt keine Angst vor
einer Überflutung eures Posteinganges, denn ich
schreibe am Anfang der Reise sehr viel und dafür am
Ende gar nicht mehr. Und wer keinen Bock auf Post aus
Brasilien hat, der maile mir das einfach..Aber erst
mal:

Oi meine lieben Zuleser/innen,
es wird Sommer!! Was euch doch bestimmt für mich
freut...:-P Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann
liegt da Brasilien (Palmen, Hochhäuser, ein Haus im
Kolonialstil) direkt vor meinen Augen und trotzdem
kann ich noch nicht so richtig fassen, dass ich da
bin.
007_8
Das brasilianische Essen ist fantastisch!!!
Reichhaltig, lecker und vielseitig. Das gibt Hüftgold!
Zum Mittag sind wir gestern in ein Restaurant
gegangen, wo es ein Buffet gab. Von dem nimmt man,
soviel man will, lässt dann seinen Teller wiegen und
bezahlt per Kilo, egal ob man nur Salat oder nur
Fleisch oder was auch immer drauf hat. Aber was auch
immer man drauf hat, es schmeckt super. Viel Reis,
viel Fleisch, viel Bohnen. Im Lonely Planet steht,
dass es ebensowenig eine einheitliche brasilianische
Küche gibt, wie es ein einheitliches Brasilien gibt,
aber dass einfach alles und überall köstlich ist. Es
gibt viele frische und leckere Fruchtsäfte, viele
kleine Süßigkeiten und eine stark ausgeprägte Knabber-
und Snackkultur: viele gefüllte und fritierte
Teigtaschen, überzogene Nüsse, getrocknete Früchte,
mini-Torten, Cremes, verschiedenste Teigwaren und
vieles mehr. Pao de Queijo sind mit Käse gefüllte
Teigbällchen, die man überall kriegt. Beim Bestellen
muss man sich aber sehr um eine saubere Aussprache
bemühen, denn sonst bestellt man Schwanz (Zitat Dörte:
"DER Schwanz, verstehst du?") mit Käse.

Nachdem wir uns gut gestärkt hatten, hat Dörte mir
zunächst Curitiba gezeigt. C. gilt als die
europäischte Stadt Brasiliens: Grüne Parkanlagen,
030_31_1
saubere Straßen, funktionierendes Verkehrssystem,
Fußgängerzone im Stadtkern usw. Es gibt ein
Busröhrensystem, das ich euch bei Interesse anhand
Fotos erklären möchte. Apropos: anderthalb Filme sind
schon voll...Ihr Armen!!
Das gesamte Stadtbild wird von den Neubauten
dominiert, die nicht selten mehr als 30 Stockwerke
haben.

Curitiba ist also flächenmäßig gar nicht so
groß, weil es zu einem beträchtlichen Teil in den
Himmel gebaut wurde. Was mir noch aufgefallen ist,
sind die hohen Bordsteine, an deren Ecken extra
Einlassungen für Rollstuhlfahrer sind.

Dörte war mit mir auf dem Frühlingsmarkt, auf dem es
einen Erdbeerstand gab: Erdbeeren in jeglich
erdenkbarer Form in Kombi mit Schoko. Ein
Juliane-Paradies! Ich habe mir einen Becher Beeren mit
heißer Vollmilch- und weißer Schokolade gegönnt.
Wahnsinn!

Zum Wocheneinkauf sind wir zu einem überdachten Markt
gegangen, der aus verschiedenen Ständen bestand. Dort
gab es beispielsweise an einem Stand nur Müslisorten
und dazugehörende Extras wie Früchte, Liebesperlen,
Schockoflocken usw. zu kaufen. Natürlich alles in
großen Behältern gelagert und nach Gwicht zu kaufen.
Die eingelegten, getrockneten Tomaten sind der Hammer.
Dann haben wir uns noch durch die Frischkäseabteilung
gekostet und uns schließlich für Fisch- und
Zuchinifrischkäse entschieden. Bei den Früchten haben
wir auch zugeschlagen. Das roch schon so gut. Für
manche Früchte gibt es keine Übersetzung, weil es sie
tatsächlich nur in Brasilien gibt.

Das Experiment des Abends bestand aus der
Cashewfrucht. Das sind die orangen Dinger, die Dörte
auf dem Foto so graziös an ihren Kopf hält. Im Stil
einer jeden Frucht befindet sich eine Cashewnuss. Um
diese freizulegen muss der Stil geröstet und geöffnet
werden. Nun ja, soviel zur Theorie...In der Praxis
befindet sich im Stil um die Nuss eine ätzende
Flüssigkeit. Das toxische Öl haben wir beim
Röstversuch in beißenden Rauch verwandelt, der die
gesamte Küche verqualmte. Und das, obwohl ich nichtmal
am Herd war. Jedenfalls weiß ich jetzt, warum Cashews
so teuer sind. Aus der Frucht haben wir heute
Frühstückssaft gemacht. Lecker und ne Vitamin-C-Bombe.

Heute hat Dörte mich in einen Park geführt, der über
eine Vogelhaltung verfügt. Am interessantesten fand
ich nicht die exotischen Vögel oder Pflanzen, sondern
die Brasilianer. Kinder in Schuluniformen (sehen wie
Jogginghosen aus), knutschende Jugendliche, Karten
spielende Herren mit zerfurchten Gesichtern und
faltigen Händen und, und, und.
014_15_1
Was noch? Die Stadt riecht nach Kino, denn hier wird
von mobilen Wagen Popcorn in jeder Geschmacksrichtung
und Beilage verkauft. Das Toilettenpapier ist
parfumiert, was Sinn macht, da man es nicht in die
Toilette, sondern in einen Behälter daneben wirft und
Steckdosen haben viele verschiedene Formen.

Soviel für heute. Kommt ihr mit dem Lesen noch nach?
Dörte ist gerade zum Sprachkurs und ich werde mich
jetzt noch ein wenig mit einem Buch in die Sonne
hauen.

Liebe Grüße,
eure Reiselustige
(Ja, ich weiß, es hängen keine Bilder dran. Ich bin
ein einsames analoges Cowgirl verloren in einer
digitalen Welt bunhd mit Technik einfach überfordert.
Die Bilder werden nachgeliefert..)


P.S.
@ Conny: Es gibt zwei Aquarien in dieser WG. Hab die
Fische schon von dir gegrüßt...:-)

@Annelie: Hab ihn noch nicht getroffen.

@Dennis: Hab sie von dir gedrückt.

@Mandy: Danke Süße.

Grün oder der Weg ist das Ziel

Juhuu, da bin ich wieder...Habt ihr mich schon
vermisst?? Nachdem bereits die letzte Mail von Sex-
und Kalorienbomben handelte, wollte ich heute diese
Themen mal außen vorlassen. Aber ich bin hier in
Brasilien und da läuft es zwangsweise immer auf
mindestens eins von beiden hinaus. Es gibt also noch
viel zu erzählen, vom Maracato und der Schouhaskarria
(vermutlich beides falsch geschrieben, schau das
später nochmal nach), aber das soll ein anderes Mal
erzählt werden, wenn Dörte ihre Fotos schon auf den
Lappi gezogen hat und ich weniger müde bin.

Darum erzähle ich euch stattdessen von meinem heutigen
Sonntagstrip mit Dörte nach Morretes. Zunächst hatten
wir uns mit ein paar Freunden von ihr zu einer
sechsstündigen Waldwanderung nach Morretes für acht
Uhr früh (!Der Vorschlag kam nicht von mir..!)
verabredet. Allerdings haben wir den Fehler begangen,
Sonnabend noch feiern zu gehen, woraufhin Dörte und
ich schließlich allein 11:30 Uhr mit dem Bus nach M.
und von dort mit dem Zug zurückfuhren. Dörte, die ich
für ihre Fähigkeit, überall schlafen zu können, echt
bewundere, verschlief dann auch die Hin- und einen
Teil der Rückfahrt. Ich, die Reinkarnation der
Prinzessin auf der Erbse hingegen, stierte unentwegt
aus dem Fenster. Und was ich sah, war: GRÜN.
000_1_1
Ich weiß noch, wie ich im Bus nach Goa dachte, meine
Augen sind nach fast fünf Monaten in einem Wüstenstaat
wie ein ausgetrockneter Schwamm und müssen sich erst
wieder mit Grün vollsaugen. Das tat damals so gut und
mir wurde klar, dass ich niemals ohne die Möglichkeit
auf einen Spaziergang in der grünen Natur würde leben
können. Mitgift der Altmark. Ich hätte nicht gedacht,
dass ich den gemeinen deutschen Laubwald so vermissen
würde können. Doch was hat diseser schon im Vergleich
zu einem Brasilianischen??? Antwort: Viel weniger
Pflanzen!!
033_342
Verschiedenste Arten von Palmen, sattgrüne Farnwedel,
Bäume und Bäume und Bäume, die bemoost sind und von
denen Lianen hängen, die wiederum bemoost sind. Auf
den Bäumen wachsen noch weitere Pflanzen, die wiederum
blühen. Ich wusste auch gar nicht, dass aus
Bananenstauden blüten wachsen, ihr? Überhaupt knallen
pinke, violette und rote Blüten zwischen dem Grün
hervor. Alles herrlich verwuchert und so ungefähr dem
entsprechend, was man sich als Kind unter Dschungel
vorgestellt hat. Da fahren wir also mit einer der
allereinzigen (Wird man für so ein schlechtes Deutsch
als ehemalige Germanistikstudentin nachträglich
geext?) brasilianischen Eisenbahnen durch den
Dschungel, über schmale Brücken, die der
Horrorphantasie von Nicht-Schwindelfreien entsprungen
sind. Das Ganze noch malerisch untermalt von dem
stetigen und leider beängstigend lautem
Quietschgeräusch der Bremsen...
Aber zurück zum Grün. Haltet euch vor Augen, dass es
immer noch da ist. In sämtlichen Nuancen und wunderbar
beruhigend.
035_36_11
Ihr kommt aus dem Staunen nicht heraus,
was es alles an Pflanzen gibt und plötzlich wird die
Sicht auf ein riesiges, weites, grünes Tal frei, das
zunächst steil abfällt. Auch der malerische Wasserfall
fehlt natürlich nicht. Eben staunt ihr noch, jetzt
fühlt ihr euch im Angesicht solcher Schönheit klein,
unbedeutend und doch gleichzeitig erhoben, da ihr
diese tolle Erfahrung machen dürft. Euch stockt der
Atem, aber da die Fahrt drei Stunden dauert und es
genauso grün weitergeht, zwingt ihr euch dazu, die
Atmung wieder aufzunehmen. Obwohl es zieht und ihr
etwas friert (ich band mir meine Strumpfhose als Tuch
um den Hals ), seid ihr nich im Stande, das Fenster zu
schließen, denn ihr wollt nichts zwischen euch und
diesen Blick lassen. Der Dschungel, die Täler und
Berge. An letzteren hängen die Wolken und es scheint,
als würden die Berge dampfen. Grüne Berge und im
Hintergrund die schwarze Silhouette weiterer Berge,
gefolgt von grauen Umrissen weiterer Gipfel und immer
so weiter, bis das Meer an Dschungelbergen zum
Horizont verschmilzt.
Der Zug ächzt, die Bremsen quietschen in Dezibel, von
denen Fledermäuse tot umkippen würden und eure
Gänsehaut hat bereits eine Gänsehaut, aber ihr seht
Grün, seid relaxt und fült euch toll!!

In M. war es auch schön, aber da ein Großteil unseres
Aufenthaltes dort aus Speisen bestand, gehört das ja
schon wieder nicht in diese Mail. Dazu also später.
Ich wünsch euch grüne Träume, denn ich geh jetzt
schlafen.
Fahre morgen mit Dörte zur Illa des Melos (ganz
garantiert falsch geschrieben, Honiginsel). Donnerstag
sind wir noch einmal kurz in Curitiba und ab Freitag
dann erstmal für eine kleine Weile bei Gabriela in
Floripa. Ich melde mich. Sonst wird Rosi doch traurig,
wenn er nichts mehr zu lesen hat.
Bis dahin,
Juliane

P.S. Da mein Ladegerät von Brasilien so schwer
beeindruckt zu sein scheint, dass es sich nicht mehr
auf mein Handy konzentrieren kann (Display: Bitte
schließen Sie ihr Ladegrät erneut an!), bin ich
zunächst nur noch über Email zu erreichen. Sorry an
alle, die es schon übers Handy versucht haben.

Völlerei und Körperlichkeit

Guten Morgen ihr Weitentfernten,
wie geht es euch bzw. tudo bem??

Ich habe mich schon sowas von eingelebt, dass es mir
vorkommt, als wäre ich schon Wochen hier. Curitiba ist
definitiv keine Stadt zum Urlaub machen - kein Strand
und nix Touristisches (also nichts auf Englisch) -
sondern eine Stadt zum Leben. Dörte hat sich hier
richtig was aufgebaut: Yogakurs, Sprachkurs,
Capueirakurs und dazu noch ihr wahnsinnig sympatischer
Freundeskreis. Schon geil! Leider kann ich nicht
richtig mit den Leuten kommunizieren, aber mein
Portugiesisch wächst täglich. Es macht mir riesig
Spaß, die Sprache zu lernen. Fast genauso wie das
Essen zu testen. Gestern habe ich wieder ein paar
brasilianische Köstlichkeiten gekostet:

Da wäre zunächst Mal Tapioka. Ich hatte zuallererst
die Assoziation an Kokain im großen Stil - ein weißes,
sehr feines Puder, das in großen Mengen vorratig war.
Dabei handelt es sich um aus der Maniokwurzel
gewonnenes Mehl. In Brasilien wird die Stärke dann zu
einer Art Pfannkuchen verarbeitet, indem das Pulver in
einer Pfanne erhitzt wird und sich währenddessen
verkleistert, so dass es süß oder herzhaft gefüllt
werden kann. Lecker!!

Auch sehr lecker: Mousse Maracuja, als das Original.
Es gibt allerdings sehr viele verschiedene
Cremesorten, die mit Schokosaucen jeder Art und
Streuseln zu einer Todsünde verfeinert werden.

Nicht zu vergssen Aracaje. Eine fritierte Teigtasche
aus Bohnen, die mit frischen Schrimps, einer fischigen
Sauce und etwas frischem Gemüse gefüllt wird. Schön
Scharf, genau das Richtige für mich.

Morgen Abend gehen wir zu einer Churrascaria. Das ist
anscheinend eine Art BBQ, bei dem soviel gegessen
werden darf, wie man kann und etwas mehr. Dörte hat
mir deshalb für den morgigen Tag das Essen untersagt.
Bin mal gespannt, was da auf mich zukommt...Ihr
werdet`s lesen.

Was ihr sicherlich schon so auf euch zukommen seht,
ist eine etwas aufgerundete Juliane. Aber wie machen
das eigentlich die Brasilianer, die täglich der
Versuchung des Schlemmens ausgesetzt sind? Tatsächlich
haben die Brasis ein ganz anderes Körpergefühl. Im
Studivz gibt es eine Gruppe, die da heißt: Rettet
Pummelfeen aus Röhrenjeans. Pummelfeen fehlt genau
das, was die sehr weiblichen Brasilinerinnen trotz
oder gerade wegen ihrer Rundungen haben, nämlich
Sexappeal. Schlanksein mag inn sein, es hält sich nur
keiner dran und das ist mal verdammt angenehm. Die
Mode unterstützt das durch weit geschnittene Shirts,
die zwar mal den Rücken oder eine Schulter freilassen,
aber gut kaschieren. Sexy wirkt das dann, weil die
Brasis nichts weiter drunter tragen und sich alle
rhytmisch bewegen können. Anja, Dörtes Mitbewohnerin,
hat die Tanzfähigkeiten der Brasis wie folgt
kommentiert: "Da kannste nur nach Hause gehen und
heulen. Ich hab zwar auch Taktgefühl, aber was die
abziehen, das ist doch schon Schlangentanz."
Doch obwohl die Brasis gern tanzen, stehen sie mit dem
Gehen auf Kriegsfuß. Dieser lässt sich ungefähr so
beschreiben: ein winterlich aussehender Stiefel mit
einer Plateausohle. Plateausohlen sond gerade der
letzte Schrei und auch unter Flipflops nichts
ungewöhnliches. Ihr müsst euch also eine rassige
Brasilianerin im wehenden, weißen Sommerkleidchen
vorstellen, die dazu Plateauwinterstiefel trägt, auf
denen sie unbeholfen durch die Gegend stolpert. Denn
mit den Dingern kann keine laufen. Herrlich!!
Trotzdem tragen die Mädels nicht nur die Schuhe,
sondern auch einen stolzen Gesichtsausdruck dazu.

Stolz ist vielleicht nicht das richtige Wort, denn es
ist zu nah an Hochmut geparkt. Es ist eher eine
Selbstsicherheit, ein Selbstverständnis, das hier
tatsächlich jeder ganz unabhängig Alter, Herkunft oder
sozialem Status ausstrahlt. In Indien war eine stolze
Haltung und ein fester Blick die einzige Möglichkeit,
sich die Männer vom Hals zu halten. Hier ists
umgekehrt. Ich habe Dörte gefragt, wie sich Bettler
verhalten, wenn man sie abweist. Sie bestätigte meine
Vermutung: die Bettler strafen dich dann mit
Verachtung. Auch in einem Geschäft wird dir nichts
aufgedräng. Dein Pech, wenn du nichts kaufst. Für
diesen selbstsicheren Gesichtsausdruck brauchen die
Brasilianerinnen keine Schminke. Sie tragen nur wenig
Make Up und das liegt nicht an der Hautfarbe, denn
hier im Süden sind die meisten weiß. Dafür haben alle
gemachte Fingernägel und schmeißen ne Menge Geld für
modischen Schnickschnack, aber bitte immer mit Glitter
und knallig bunt, raus.

Das wars für heute. Dabei gibt es noch soooooviel zu
erzählen. Also, meine Amigas und Amigos - wir hören
voneinander,
Juliane

P.S. Ihr fühlt euch übrigens viel näher als damals in
Indien an, dabei seid ihr weiter weg. Schnalle gerade,
dass das damals mehr eine zeitliche als räumliche
Distanz war.

Das Land, wo Schoki fließt

000_1
Hallo ihr Menschen, die trotz Massen meiner
Massenmails, noch immer lest, was ich schreibe: Seid
herzlich gegrüßt!!
Zuerstmal das Wichtigste an den Anfang: mich. Ich habe
einen Sonnenbrand! Und ihr wisst ja, wie schwer es mir
fällt, nicht sofort knackbraun zu werden. Aber ich
habe mir Mühe gegeben, nur damit ihr nicht allzu
neidisch werdet und sehe also erst frühestens morgen
aus, wie mit Schoko übergossen...:-P
Ach und an alle, die mich nicht kennen und aus Dörtes
Emailverteiler auf Grund ihrer Schreibfaulheit
zwangszugeschaltet werden: Das Gleiche gilt für Dörte
auch.

Wir sind nämlich gerade von der Ilha do Mel
(Honiginsel) zurück, wo wir zwei Tage lang relaxten.
Für Patrick, Timo und Anja: Das müsste ihr euch wie
Goa/Palolem vorstellen, nur mit etwas weniger Palmen,
dafür insgesamt grüner und mehr Surfer. Damit ist dem
Rest beim Vorstellen noch nicht sehr geholfen, aber
zumindest die drei wissen jetzt, dass ich gerade im
verdammten Paradies war. Dieses umfasst eine 27 km_
große Insel, die zu über 80 % aus Dschungelwald
besteht. So lange wie breite Sandstrände, blaues
Wasser und eine Menge niedlicher Pousadas, also Hütten
mit zu vermietenden Zimmern. Alle sehr individuell und
schnuckelig eingerichtet. Leider ist Dörte gerade auf
einer Hochzeit und hat ihre Diggi mitgenommen, sonst
würde ich euch schonmal ein paar Fotos schicken.
Obwohl, wahrscheinlich würde ich teschnisch
Unterbegabte (Unbegabte ist viel zu schwach
ausgedrückt) es eh nicht hinkriegen..:-)
Zum Angst einflößenden Zwischenstand nach 10 Tagen
Aufenthalt: Sieben Filmchen sind bereits voll. Aber
überlegt mal wieviele (sinnlose) Fotos ihr mit euren
Angeberdiggis (o.k., bin neidisch) schon verschossen
hättet...? Verdammt, ich will auch eine Digitalkamera.
Mein Geburstag ist übrigens am 24.11....;-)
033_341
Aber zurück auf die Insel, die fälschlicherweise den
Namen Honiginsel trägt, schließlich wird man dort
nicht gelb, sondern braun. Auch fließt da kein Honig,
sondern eine nur mit viel Wohlwollen als schokofarben
zu bezeichnende braune Brühe aus den Wasserhähnen. Da
überall! Hab ich nen Schock gekriegt, als ich in die
Toilette geschaut hab...und ich war in Indien...Soll
aber rein natürlich sein und gut für die Haare. Da auf
der Insel kein anderes Wasser floss, wird damit nicht
nur gewaschen, sondern auch gekocht...Dass aber auch
immer alles einen Haken haben muss, oder??
003_4_1
Natürlich hin, haargesund her, Dörte und ich brachten
es einfach nicht übers Herz, das Zeug über unsere Haut
zu gießen. Nix mit Duschen...Nachdem wir allerdings am
zweiten Abend am Strand joggen gewesen sind, hatten
wir keine wirkliche Wahl mehr...Tja, was einen nicht
umbringt, macht einen stark. Und wir sind jetzt sehr,
sehr stark! :-)

Ansonsten fiel der Tripp etwas ruhiger als geplant
aus. Morgen ist in Brasilien Feiertag und darum werden
übers Wochenende Massen an Touris auf der Insel
erwartet. Wir sind nun genau in die Vorbereitungstage
dieses Spektakels geplatzt. Überall wurde
geschreinert, gehämmert, gewaschen. Unmengen an Bier
sind tagelang in Booten zur Insel gekarrt worden.
Scheint, als wollen die am Wochenende Malle Konkurrenz
machen. Aber ihr wisst doch von der Ruhe vor dem
Sturm, nicht wahr - genau die haben wir abgepasst. Wir
waren die einzigen Gäste!! Egal wo wir hinkamen, wir
waren die einzigen. Na o.k., eine Schulklasse war noch
da. Also alle Strände nur für uns, alle Restaurants
für uns, einfach alles nur für uns. Das ist zunächst
wunderschön. Und dann, nun dann ist es eben nicht mehr
wunderschön...Und abends ist es verdammt gruselig!

Aber Dörte und ich hatten eine gute Zeit, sind
supererholt, obwohl wir nicht einmal am Strand gelegen
haben, sondern die ganze Insel erkundeten: Leuchtturm,
Waldspaziergang, Felsblockklettern (Man bin ich ein
Grobmotoriker. Ich dachte die ganze Zeit: "Lutz und
Teresa würden sich über mich totlachen." Das habe ich
im Kopf wie ein Mut machendes Mantra wiederholt.). Was
man halt auf so ner Insel so macht..

Habe ich euch eigentlich erzählt, dass neben dem Boot,
das uns von Paranagua übersetzte, Delphine
herschwommen? Habe ich euch überhaupt schon von
Paranagua erzählt?? Oh, oh...ihr habt noch viel zu
lesen vor euch. Ich schreibe euch gleichmal noch eine
Mail. Portionsweise liest es sich doch besser.
019_19A
An alle, die jetzt erstmal nur bis hier folgen, aber
unsere kleine Reise auf der längst angeschafften
Brasilienkarte verfolgen wollen: Dörte und ich fahren
morgen zu Gabi nach Floripa (Florianopolis). Ich freue
mich voll auf die verrückte Göre.
Liebe Grüße von eurer frischgeduschten und sich
endlich rundum sauber fühlenden Juliane, hier Ju
(gesprochen Dju) genannt.:-)

Alltagseindrücke und Rumgeschwafel

Na, haltet ihr noch durch?? An alle, die nicht gerne
lesen: Wisst ihr, ich muss das auch alles eintippen.
An alle, die gerne lesen: Freunde, man macht mir es
Spaß,das alles aufzuschreiben...:-)

Ich wollte euch eigentlich schon lange so eine
Alltagszeugsemail schreiben. Dinge, die typisch sind,
die man aber immer zu erwähnen vergisst, bis man sich
an sie gewöhnt hat und nicht mehr wahrnimmt. Sind
hauptsächlich Eindrücke aus Curitiba und vielleicht
nicht auf den Rest des riesigen Landes zu übertagen.
Mal sehen, hoffentlich kriege ich noch alles zusammen:

Überall in Brasilien, auch am Strand, und nicht weit
auseinander, stehen öffentliche Telefone. Da gibt es
auch schon eine schöne Story zu, die ich leider nicht
in einer Massenmail schreiben kann, weil sich dann
meine Eltern (grundlos) sorgen würden. Also erzähle
ich euch davon zu Hause. Aber erinnert mich nochmal
dran.

Die Zebrastreifen sind ca. 15 Meter lang und wenn sich
alle gegenüber stehen und warten, erinnert das stark
an "Herr Fischer, Herr Fischer, welche Farbe ist
heute?". Wäre mein Portugiesisch gut genug, hätte ich
es längst gebrüllt..

Den Müll darf man nur abends rausbringen. Er wird auf
einem ca 1,5 meter hohen Ständer vor der Haustür
gesammelt.

Die vielen Taxis in Curitiba sind orange und haben
schwarze Karos an den Türen. Sieht schick aus.

Auch schick sind die vielen Oldtimer-Volkswagen im
Käferstyle (Die garantiert anders heißen. Weiß jemand
wie?), die hier durch die Gegend flitzen.

An Ampeln fehlt oft die, für die Fußgänger, weshalb
man auf Rot (der Autos) wartet. Ist seltsam auf Rot zu
warten, um gehen zu dürfen.

Die meisten, auch mehrspurigen Straßen sind
Einbahnstraßen. Oft wird eine Spur auch bis ran an die
Kreuzung zum Parken verwendt.

In Supermärkten und an Schaltern gibt es eine lange
Schlange, von der aus man zum jeweils freien Schalter
geleitet wird. Nix mit dem unumstößlichen Gesetz, dass
man sich immer an die langsame Kasse anstellt. Oder
doch, denn auch dieses System dauert ewig, weil die
Menschen an den Schaltern und Kassen die Ruhe weg
haben. Na mich störts nicht, ich hab ja auch Urlaub.

Die Hauseinfahrten sind eingezäunt und mit Lichtern
versehen, damit man erkennt, ob ein Auto herauskommt
oder nicht.

Fahrradrahmen haben häufig einen Kreis in der Mitte.
Und ich schwöre, das fällt mir nur wegen meiner Rad
besessenen Freunde auf: Lieber Gruß an dieser Stelle
an Micha Kanno und Alex! Hab extra ein Foto für euch
gemacht.
012_13_1
Viel Buntes. Häuser im Kolonialstil, Klamotten,
Werbung, Essen - einfach viele Farben. Ist mir bloß
nicht ganz so krass aufgefallen, weil Rajasthan ist
nun einmal der Regenbogen noch einmal gespuckt.
Daneben ist die restliche Welt vermutlich blass.

Der Süden Brasiliens ist stark durch die Europäer und
der Norden durch die Afrikaner beeinflusst worden.

Man kann auch Eis nach Gewicht kaufen und es vorher
noch lustig mit allerlei ungesundem Krimskrams wie
Liebes-und Schokoperlen, Puffreis, Waffeln, heißen und
kalten Saucen wie Pina Colada, Gummitierchen und und
und verzieren. Das will ich in Deutschland auch!!
Macht total Laune.
028_29_11
Die brasilianischen Soaps sind total mies. Voll
überspielt, sehr theatralisch, einfach zum
Wegschmeißen. Und ja verdammt, gebs ja zu, ich habe
Vergleichsmöglichkeiten...Ach Anne, wenigstens du
verstehst mich...:-)

Wenn ein Brasi zeigen will, dass ihm etwas wahnsinnig
gut gefällt, eine Party z.B. (völlig aus der Luft
gegriffenes Beispiel:-)), dann schüttelt er seine Hand
so, dass die Finger aufeinander schlagen und das so
ein (ekelerregendes) Klatschgeräusch gibt. Es gibt
Dinge, die will ich gar nicht können.

Alle Frauen haben lange Haare.

So, mehr fällt mir gerade nicht ein. [Hier endet der
Brasilienteil und beginnt das Rumgeschwafel. Das müsst
ihr euch echt nicht antun, nur wer Bock/Langeweile
hat.]


(Schwafelteil:)
Bin aber auch schon wieder muito cansada, also sehr
müde, obwohl es erst neune ist und ich euch
Geschockten sicherlich noch eine Email schreiben
werde, denn ich muss die Zeit zum Abendessen noch
rumkriegen. Und hier nix TV.

Habe hier übrigens zuerst Coelhos "Hexe von
Portobello" gelesen, das zwar für mich gut war, ich
aber keinem von euch empfehlen könnte.

Dann las ich Francois Lelords "Hectors Reise oder die
Suche nach dem Glück", was du, meine liebe Uta, als
mein persönliches Glück, unbedingt lesen solltest. aus
dem Buch habe ich Folgendes mitgenommen: Zur
Ermittlung des persönlichen Glücks gibt es drei
bedeutsame Abstände quasi als Tiefe, Höhe und Breite.
1.) Abstand zwischen dem gegenwärtigen Leben und dem,
was man gerne führen würde.
2.) Abstand zwischen dem gegenwärtigen Leben und der
besten Lebensphase der Vergangenheit.
3.) Abstand zwischen dem, was die anderen haben und
dem, was man selbst hat.

Schon interessant, dass um herauskriegen, wie gut es
einem geht, anscheinend Vergleiche notwendig sind,
oder? Außerdem habe ich mir gemerkt, dass das
Glücksgefühl als kleiner Kreis im männlichen Gehirn
auf der rechten Seite angezeigt wird, während es bei
Frauen größer ist und sich über beide Gehirnhälften
erstreckt. Das Gleiche gilt für Trauer. Scheinbar
(laut Buch) wird das Glück der Frauen stärker durch
das Glück der Mitmenschen, um die sich die Frauen
sorgen, beeinflusst.

Es ist schon merkwürdig, auf was für Bücher man beim
Reisen in einem fremdsprachigen Land stößt
beziehungsweise gestoßen wird. Jetzt lese ich Jan
Weilers "In meinem kleinen Land". Ein kurzweiliges
Reisetagebuch über Deutschland, das er schrieb, als
ich in Indien reiste und das ich nun in Brasilien beim
Reisen lese. Ist schon seltsam von den deutschen
Eigenheiten zu lesen, während man sich gerade an die
brasilianischen gewöhnt...


Es tut mir leid. Merke gerade, dass ich voll
rumschwafel. Sorry, mir is nur gerade voll langweilig
und ich bin müüüde. Verzeihts mir,
eure Quasselstrippe Juliane

P.S. Für Notfälle: Handy geht wieder.

Halbzeitberge im Regen

Liebe Gruesse an euch aus Florianopolis (kurz
Floripa),
010_10A
das ist eine Stadt, die zur Haelfte auf dem Festland
und zur anderen Haelfte auf einer Insel gebaut worden
ist. Darum gibt es hier alles, was sich am Strand
abspielen kann: Hippiebuden, Segeln, Jet-Ski,
Strandpromenaden, Fischer..das volle Programm und noch
ein paar Highlights wie Sandduenenboarden und
Paragleiding...Toll, oder? Wuerde der liebe Gott das
Wetter nicht auf Dauerduschen eingestellt haben...

Ehrlich, es regnet jetzt seit zwei Tagen, die ich mehr
oder weniger (mais ou menos) vollstaendig in Gabis
Haus zugebracht habe. Gestern bin ich, um der
Langeweile zu entgehen, erstmal die Teppe
runtergeflogen. Heim-Paragleiden. Na mal ehrlich, ich
bin jetzt schon seit zwo Wochen hier (Halbzeit,
Bergfest) und hab nichts Tolpatschiges gemacht...Hat
mich selbstgewundert. Na ja, das Interessante an dem
Stunt war definitiv das Glas in meiner Hand...
Brasilien soll gefaehrlich sein? Pah, ich brauch nur
eine Treppe..kann mich ganz international ueberall
selbst zu Fall bringen. Jedenfalls habe ich eine fiese
Schnittwunde in meiner rechten Hand, weshalb ich mich
gestern laut auf deutsch selbst verfluchend durch die
Regale der Shopping Mal schimpfte. Scheisse, tut meine
Hand weh!

Shoppen koennen die Brasilianer echt gut. Das haben
sie fein raus. (Habt ihr die tolle Ueberleitung
bemerkt..) Riesige haessliche Mals mit allem was das
Herz begehrt und etwas mehr und immer in gaaaanz viel
und gaaanz bunten Ausfuehrungen. Fuer einen Menschen
wie mich, der sogar im Aldi am reichhaltigen
Joghurtangebot verzweifelt, ist das die totale
Reizueberflutung. Epilepsiegefahr.

Das Schoene beim Einkaufen ist das Anstehen an der
Kasse und die damit ueberhaupt nicht vereinbare
Seelenruhe der Kassierer, die die Produkte auch noch
einpacken. Aber immer nur zwei in einen Plastikbeutel,
sonst waere der Umweltbelastung nicht genuege
getan...Dieses Land produziert wirklich viel Muell.
Sogar die Servietten bei McDonald sind eingeschweisst.


Wie kriege ich den jetzt eine ebenso galante
Ueberleitung zu schoenen Menschen hin? Na, ich denk
mal noch drueber nach und verrate euch schonmal, was
mir die Doerte verraten hat. In diesem Bundesstaat
sollen die schoensten Menschen Brasiliens leben. Das
koennte natuerlich schlecht fuer unser Ego sein..oder
aber: wo gehoeren wir denn sonst hin? Ist eben immer
alles eine Frage der Einstellung ;-)
Jedenfalls hat hier so ziemlich jeder europaeische
Vorfahren. Ich glaub ja auch, die Mischung machts.

Apropos Europa, letztes Wochenende wurde hier die Zeit
umgestellt. Diese Woche seid ihr also nur vier Stunden
Zeitdifferenz von mir entfernt. Und mit eurer
Zeitumstellung kommendes Wochenende rueckt ihr mir
noch eine Stunde naeher auf die Pelle.

Wo wir gerade bei Zeit sind, da es in Stroemen giesst,
habe ich gerade viel zuviel davon. Ihr wisst, was das
bedeutet, oder? Mails!! Sorry Rosi, aber jetzt biste
doch seit zwei Tagen ein grosser Junge und verkraftest
das schon..:-)

Dann legen wir mal los. Das bis jetzt war die
Einleitung...;-) Erstmal zum warm weren wieder ein
paar Alltagseindruecke:

Zwischen den vielen und knapp aufeinander folgenden
Bodenwellen schaffen es waschechte Brasis, auf 80km/h
zu beschleunigen.

Feste Zahnspangen sind hier in jedem Alter voellig
normal. Viele Menschen (auch unseren Alters und
aelter) tragen welche.
018_19
Kirchen gibt es Viele, doch sind sie oft nur schwer
als solche zu klassifizieren, weil sie von aussen ab
und an wie normale Haeuser aussehen. Doerte hat mir
von einer Surferkirche erzaehlt. Ausserdem ist alles
ziemlich kitschig. Wir sind zufaellig an einem
riesigen evangelischem Festival in Paranagua
vorbeigeschrammt. Ein riesiges Zelt mit
Plastikstuehlen, Fressstaenden und Schmuckverkauf..Ein
riesiger Tourbus mit Jesus-Aufschrift. Vielleicht hat
er ja auch eine Europatour geplant.

Eine 1-Minute-Schnelltaste an den Mikrowellen. Sehr
praktisch. Zweimal druecken und die Milch fuer den
Kaffee ist perfekt.

Jezt was fuer Teresa: Die Toilettensitze sind hier mit
Luft gepolstert. Die geben nach, wenn man sich
draufsetzt. Super! Die wuerden vielleicht unseren
WaMa-Schlauch besser ueberstehen? Koennte ja eine im
Handgepaeck mitbringen...Macht sich bestimmt gut im
Flieger...Kann mich ja draufsetzen ;-)

Die Langdistanzbusse sind megabequem und haben alle
supergeil nach hinten stellbare Sitze und schraege
Fußablagen.

Die Brasis sind medientechnikgeil.Der TV von Gabi ist
ca. 1,5 x 2 Meter...Heimkino!! Ausserdem gibt es
superviele Kanaele mit tollen Spielfilmen rund um die
Uhr. Meistens auf Englisch mit portugiesischen
Untertiteln.

Es gibt ein gulaschartiges Essen in Moerrtes, da ist
soviel Maniok drin, dass es am Teller kleben bleibt,
wenn man den auf den Kopf dreht.

Soviel erstmal fuers Erste...Beijos!!
Eure Juliane

SEX

War ja klar, dass ihr jetzt wieder alle zugeschaltet
habt. Ne, ne, so geht das aber nicht. Ihr könnt nicht
einfach irgendwelche Emails überspringen, nur weil ihr
die Betreffzeile vielversprechend findet. Und
überhaupt: Meine Eltern sind in diesem Emailverteiler,
was glaubt ihr also, was da schon für aufregende
Stories kommen werden?? Also, alles schön der Reihe
nach lesen..:-)


Vorspiel
Die vergangene Woche habe ich in Floripa bei Gabriela
verbracht und bin dort zu reinen Feldforschungszwecken
und um euch berichten zu können auch mit der Partigöre
ausgegangen. Ja, manchmal muss man halt in den sauren
Apfel beißen, aber was tut man nicht alles für die
Suche nach Wahrheit.
Jedenfalls kann ich euch nun vom Phänomen des
Einen-Abends-Küssen berichten. Das läuft so: man geht
in einen Club, tanzt und säuft - soweit also alles wie
in Dt. - dann knutscht man mit ein oder mehr Leuten
und dann verabschiedet man sich und geht nach Hause.
Total sinnlos. Zumindest meiner bescheidenen Meinung
nach. Vom Hörensagen (Mama und Papa, ganz liebe Grüße
an euch) weiß ich aus Dt., dass Partyrumgeknutsche in
der Regel zwei weitere Optionen nach sich zieht. 1.)
Sex oder 2.) Nummernaustausch. Was dann vielleicht
wieder zu 1. oder womöglich sogar zu einer Beziehung
führt. Zumindest ist soetwas wie Weiterführung
angedacht. Man knutsch nicht stundenlang und
verabschiedet sich dann einfach so für immer. Oder?
Ihr dürft mich gern berichtigen. Hier würd übtrigens
auch unter guten Freunden rumgeknutscht. Ja, mit
Zunge.

der reine Akt...
...ist verboten. Zumindest bei den Brasis, die noch
bei ihren Eltern wohnen, also quasi der Großteil an
Studis. Das hört auch mit der Verlobung nicht auf.
Glauben die denn ehrlich, dass ihre Kinder die Katze
im Sack kaufen? Nein, sie wissen ganz genau, dass ihre
Kinder heimlich Hotelzimmer anmieten, was für sie
scheinbar o.k. ist, solange sie es ihnen nicht erlaubt
haben oder sie sich nicht erwischen lassen.
Trotzdem, so meinte zumindest ein befreundeter
Brasilianer, haben viele Brasis so um die zwölf Jahren
ihr erstes Mal. Aber wie mietet man mit zwölf ein
Hotelzimmer?

Curitiba ist übrigens die brasilianische Hochburg der
Homosexualität. Die Studis hier witzeln, dass darum
auch der Austausch mit den Kölnern so gut
funktionieren würde. Ich finde dieses Thema wichtig,
weil es meiner Meinung nach zeigt, wie aufgeschlossen
ein Land ist. Es kann schließlich nicht genug Liebe
auf der Welt geben und dabei ist es doch völlig Latte
(haha), ob zwischen Mann&Frau, Frau&Frau und
Mann&Mann. Da das eigentlich offensichtlich ist, zeigt
eine soziale Ächtung gleichgeschlechtlicher Liebe
immer die Zwangstärke gesellschaftlich genormten
Verhaltens innerhalb einer Kultur. Brasilien scheint
Deutschland sehr ähnlich: das Verständnis entwickelt
sich zwar, ist aber längst noch nicht groß genug.
Viele Homosexuelle behalten diesen Teil ihrer
Identität für sich, verheimlichen ihn auf Arbeit oder
vor ihrer Familie. Gleichzeitig gibt es eine wachsende
Szene und viele, die ihre Sexualität offen ausleben.
Interessant finde ich, dass es mehr Männer in
Frauenkleidern gibt, bzw. dass dem so ist, denn das
habe ich in Dt. nur im Fernsehen gesehen. Dörte war in
einem Kinderdorf am Amazonas und hat mir Fotos von
einem Jungen gezeigt, der sich wie ein Mädchen kleidet
und schminkt, was dort akzeptiert wird. Das kann ich
mir in einem deutschen Kinderheim nur schwer
vorstellen. Oder was meinst du Rike?

Nachwort
Wisst ihr, was fast genauso gut wie Sex ist? 600 Meter
Luft zwischen dem Erdboden und meinen Füßen! Ich war
mit Dörte am Sonntag in Floripa Paragliden!! Yeah!!
Paragliding_1
Danach sind wir von einer 7-Meter-Klippe in einen
kalten Fluss inmitten eines Waldes gesprungen. War ja
dann nur noch kalter Kaffee.
Mir gehts gut. Ich hoffe, euch auch.
Beijos!!
Juliane

Julianetraurigkeit und bayrische Brasis

016_16A_1
Wir müssen jetzt alle gaaaaanz stark sein!!!!
Meine Kamera ist kaputt!! *seufz* Darum versuche ich
gerade stark zu sein und nicht zu heulen und ihr müsst
dann stark sein, wenn ihr mich wieder trefft und ich
nur schlecht gelaunt bin.
Es ist zum Kotzen! Mein Babe ist halt leider schon
etwas älter und auf ihre alten Tage etwas empfindlich
geworden. Aber normalerweise geht nur der Blitz in
sehr zuverlässigen Abständen kaputt. Das kostet dann
für eine Studentin ein kleines Vermögen und alles wird
gut. Aber jetzt kann ich nicht mehr fokussieren und
das Display verkündet stoisch, dass das Motiv zu
dunkel sei _ Selbst wenn ich eine brennende Lampe mit
niedrigster Blendenzahl und längster Verschlusszeit
anvisiere...*schluchz*!!!!
Ich liebe mein Babe. Hat ja immerhin mit mir
tatsächlich die halbe Welt bereist, aber ich fürchte,
dass dieses Mal die Kosten der Reparatur den Wert der
kleinen immerhin sogar noch analogen Spiegelreflex
übersteigen werden...na ja, morgen weiß ich
wahrscheinlich mehr. ;-( Bitte Daumen drücken!! Sonst
keine Fotos von Sao Paulo nächste Woche und eine
todtraurige Juliane...

Also lenken wir uns mal besser mit einem schöneren
Thema ab: Oktoberfest! (Oh ja, Alkohol wäre jetzt
gut...) War schon mal einer von euch da? Ich schon _
letztes Wochenende in Blumenau/Brasil. (Keine Sorge
Markus: Habs für dich zum Vergleich fotografiert. Da
ging die Kamera noch...)
Kaum zu glauben, aber da steht tatsächlich mitten in
Brasilien ein fachgewerktes (angehämmerte Plastik)
Kleinod an deutschbürgerlicher Städtigkeit. Die
deutschen Nationalfarben wehen als Wimpel, Fahnen und
Tücher zu Dekozwecken aus allen Ecken, und von den
Geraden eigentlich auch. Pünktlich zum Oktober wird
diese Stadt jährlich von einer riesigen Menschenmenge
bereitwilliger Exzesssäufer heimgesucht, die sich an
als deutsch getarntem Bier (deutsche Nahmen
"Eisenban", doch brasilianische Herkunft) laben und zu
deutscher Volksmusik einträchtig tanzen.
018_18A1
Es werden T-Shirts mit (falsch geschriebenen) deutschen
Sprüchen, deutsche Trachten, spaßige Hüte, deutsche
Bratwurst (na ja) und alles erdenkliche in den
deutschen Farben verhökert. Viele Brasis ziehen in an
deutschen Dirndels und Lederhosen angelehnten, doch
weitaus sexier geschnittenen Klamotten, über die
Kirmes und durch die Hallen, in denen das Bier in
rauhen, wirklich sehr ganz dolle arg rauhen Massen
fließt. Oder anders: Alle sind sturzbetrunken, feiern
und tanzen. Blaskapellen spielen und die deutschen
Liedtexte klingen arg nach Sprachbehinderung. Bei
völligem Ausfall des Textes rettet immerhin das
gerngehörte Zickezacke, Zickezacke...hai,hai,hai über
die Pause. Auch schön: Ein Prosit, ein Prosit, der
Gemütlischkeit...

Ich fands klasse. Die Stimmung war ausgelassen und das
Bild der Deutschen als stumpfsinnige doch
genussfreudige Partymacher sagt mir weit mehr zu als
das der ewigen Stänkerer, sprich zweimaligen
Weltkriegsbeginner, mit preußischen Tugenden und
Stöckern im Arsch. Tatsächlich denken in dieser Gegend
alle, dass jede Stadt in Deutschland im Oktober so
richtig abgeht. Deutschland im Herbst? Das ist
Oktoberfest. Man muss ja nicht immer alles aufklären,
oder?
009_9A
Im Übrigen habe ich kürzlich zum ersten Mal das Wort
"1st-World-Country" (Erste-Welt-Land) gehört, weil
mich ein paar Brasis fragten, wie es sei, aus einem
derartigen zu kommen. Bei uns redet man ja immer nur
von Dritte-Welt bzw. jetzt neu politisch korrekt von
Entwicklungsländern, aber den Umkehrschluss hatte ich
noch nie so wörtlich vernommen. Einer der Brasis war
gerade aus Europa zurück und schilderte seine
Eindrücke (das Reziproke meiner Mails). Sein Fazit:
Bei uns sei alles "Happy End". Hm... War ein sehr
interessantes und aufschlussreiches Gespräch. Mal
ehrlich, wir habens schon gut.

Schöne Grüße von der dritten in die erste Welt,
eure Juliane

P.S. In auf den Tag einem Monat ist mein Geburtstag.
:-) Also jetzt Weihnachtskalender kaufen und Tage
rückwärts zählen. Bloß nicht vegessen!! Der Countdown
läuft...Is ein Wochenende und noch weiß ich nicht was,
aber irgendwas wird gestartet, also haltets euch
frei...

01. Reiseziele
02. Reisebericht Indien
03. Fotogalerie Indien
04. Reisebericht Brasilien
05. Fotogalerie Brasilien
06. Reisebericht Bosnien
07. Fotogalerie Bosnien
08. über mich
09. Fotos, die mich zeigen
10. Zeitungsartikel
11. Magisterarbeit
E-mails aus Brasilien
E-mails aus Indien
Gedankensplitter
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren